Aude Ascher
Doris-Aude Ascher wird 1930 in Pforzheim geboren.
Sie wächst dort mit ihrer drei Jahre älteren Schwester Marianne in einem behütenden Elternhaus auf: der Vater Gymnasiallehrer am Hilda-Gymnasium, die Mutter ebenso Lehrerin.
Ihr Vater, Dr. Fritzmartin Ascher, ist jüdischen Glaubens, seine Schweizer Frau Elsi Christin.
Auch die Kinder werden in Pforzheim christlich getauft. Ihr Vater muss seine Lehrtätigkeit aufgrund der Rassegesetze 1935 niederlegen. Er wird Hilfsarbeiter in der jüdischen Bijouterie- und Kettenfabrik von Alfred Emrich in Mühlacker. Damit verlegt die Familie ihren Lebensmittelpunkt von Pforzheim nach Mühlacker.
1937 wird Aude Schülerin der Volksschule in Mühlacker, 1941 besteht sie die Aufnahmeprüfung in die deutsche Oberschule. Im April tritt sie in die Hitlerjugend ein.
Der Vater folgt 1937 einem Ruf nach Danzig als Lehrer an eine jüdische Privatschule, die Mutter Elsi bleibt mit den beiden Kindern bis 1939 alleine in Mühlacker.
In den Erinnerungen an ihre (Not-)Konfirmation an Weihnachten 1944 hält sie fest:
„Auf dem Weg zur Kirche mit der Mutter und Schwester Marianne begegnen die drei dem Vater Fritzmartin. Seit seiner Rückkehr aus Danzig ist er Milchkutscher. Milchkutscher mit einem klepprigen Pferd und er ebenso klepprig, d.h. total elend und abgemagert, mit einer Windjacke bekleidet aus früheren, guten Kinderzeiten….“
Nach dem Krieg studiert Aude Medizin und heiratet 1954 Bernhard Einstein – den Enkel des Physikers Albert Einstein. Sie leben zunächst in den USA, haben fünf gemeinsame Kinder und trennen sich nach der Geburt des fünften Kindes. Aude kehrt in die Schweiz zurück und arbeitet als Ärztin.
Sie hat in ihren letzten Lebensjahren mehrmals Pforzheim und Mühlacker besucht und ihre Erinnerungen aufgefrischt. Sie bemüht sich, das umfangreiche Werk ihres Vaters als Zeitzeugen der NS-Zeit zu bewahren. Darüber hinaus engagiert sie sich in Schulen und bei Vorträgen – selbst Zeitzeugin der nationalsozialistischen Judenverfolgung – um Aufklärung.
Aude Einstein-Ascher stirbt im Jahr 2020 in Bern.
Autoren: Christiane Bastian-Engelbert und Johannes Bastian